Regionalverband

Südniedersachsen e.V.

 

Fahrgastverband PRO BAHN

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PRO BAHN kritisiert die Zwangsdigitalisierung

20. 03. 2024

Ab dem 9. Juni 2024 bekommen alle Bahnkunden ihre BahnCard 25 oder 50 nicht mehr als Plastikkarte. Die Deutsche Bahn stellt vollständig auf digitale Nutzung um. Das geht nur mit Kundenkonto, wie auch schon beim Kauf von Sparpreis-Tickets. Fahrgäste ärgern sich bereits über die eingeschränkte Verfügbarkeit beim Deutschland-Ticket. Nur noch vorhandene Karten können bis zum Gültigkeitsende analog genutzt werden, doch dann ist endgültig Schluss – und zwar für alle 5 Millionen Fahrgäste. Ausgenommen sind lediglich die wenigen Bahncards 100, vorgeblich aus Gründen der Fälschungssicherheit.
Die Deutsche Bahn begründet ihre Entscheidung damit, dass die Fahrgäste ihre Bahncard künftig bequem auf dem Smartphone nutzen. Das setzt aber ein Smartphone und ein Kundenkonto voraus. Für die Mehrheit der 5,1 Millionen Bahncard-Inhaber ist die Digitalisierung sicher von Vorteil. Aber es gibt auch diejenigen Fahrgäste, die sich damit schwer tun. „Und diese werden durch die Zwangsdigitalisierung vor Probleme gestellt“, kritisiert Gerd Aschoff, Vorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN Südniedersachsen.
60 Prozent der Bahnfahrenden nutzen die BahnCard den DB-Angaben zufolge bilang schon in digitaler Form. Generell werden im Fernverkehr mittlerweile 84 Prozent aller Tickets digital über bahn.de oder den „DB Navigator“ gekauft. „Aber was ist mit dem Rest?“ fragt Fahrgastvertreter Aschoff.
64 Prozent der Bürgerinnen und Bürger finden es „eher schlecht oder sehr schlecht“, wenn sie Bahntickets ausschließlich über das Internet oder Apps kaufen können. Das ergab kürzlich eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) unter 1.000 Befragten über 16 Jahren. Besonders kritisch sehen den reinen Online-Verkauf danach ältere Leute. 75 Prozent der Menschen über 50 Jahren halten dies für schlecht. Doch sogar unter den jüngeren 18- bis 29-Jährigen sieht fast jeder zweite Befragte den Digitalisierungszwang kritisch.
„Wir wissen, dass ein Teil unserer Kundinnen und Kunden auf analoge Alternativen noch nicht verzichten möchte“, heißt es von einer Bahnsprecherin. So gebe es in den Reisezentren auf Wunsch weiterhin einen Papierausdruck von Ticket und Bahncard. Auch werde man im Zug ein analoges Ersatzdokument - ob als PDF-Dokument in digitaler Form oder als Papier-Ausdruck - anerkennen.
Verbraucherschützer begrüßen das, haben aber dennoch Einschränkungen. „Der ersatzweise gültige Papierausdruck muss auch für Menschen ohne digitales Kundenkonto zugänglich sein, etwa, indem es im Reisezentrum ausgehändigt wird. Kostenlos versteht sich“, meint etwa VZBV-Chefin Ramona Pop. 
Der Fahrgastverband PRO BAHN hat sich auf dem Bundesverbandstag im März 2024 ausdrücklich gegen einen Smartphonezwang beim Zugang zu Mobilitätsdienstleistungen gestellt. Stattdessen sind Lösungen bereitzustellen, die unabhängig von der Verfügbarkeit eines geladenen und eingeschalteten Endgeräts funktionieren. Da aus der Branche keine Lösung zu erwarten ist, sei ein Eingreifen der Bundesregierung im Rahmen der Daseinsvorsorge zwingend notwendig, heißt es in dem Beschluss. Die Bedürfnisse mobilitätseingeschränkter, insbesondere sehbehinderter Menschen sind hierbei besonders zu berücksichtigen.
Weiter heißt es: „Der Zwang zum Besitz eines funktionierenden und geladenen Smartphones schließt zahlreiche Menschen von der Nutzung von Mobilitätsangeboten aus. Entgegen der beliebten Darstellung trifft dies nicht nur ausschließlich ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen, sondern auch andere Reisende wollen eine sichere Lösung, die ohne Smartphone funktioniert. Mit dem Zwang übernehmen die Fahrgäste das Risiko für schlechten Empfang, defekte Steckdosen und schlecht programmierte Apps. Ein Zwang dazu ist nicht zu akzeptieren.“ (gaf)

 

Bild zur Meldung: Die Bahncard 25 und 50 hat als Plastikkarte ausgedient.